Was wir von Norwegen lernen können – Argumente für Frauen in Aufsichtsräten

by Georg Hubmann

In immer mehr europäischen Ländern wurden in den letzten Jahren Frauenquoten für Aufsichtsräte beschlossen. Das erste Land war Norwegen, mittlerweile gibt es auch in Spanien, den Niederlanden, Belgien, Island und in Italien gesetzliche Frauenquoten für private Unternehmen. In Österreich, Dänemark und Finnland gilt eine Frauenquote für öffentliche Unternehmen. Auch die EU-Kommission, besonders EU-Kommissarin Viviane Reding, setzt sich für eine europaweite Regelung für Frauenquoten in börsennotierten Unternehmen ein. Über Frauenquoten wird meist sehr kontrovers und polarisierend diskutiert. Die Erfahrungen in den Ländern, wo sie bereits umgesetzt wurde, zeigen: Die Quote ist zwar kein Allheilmittel gegen die Ungleichbehandlung von Frauen, sie bringt aber durchaus viele Verbesserungen mit sich, und das nicht nur für die neuen Aufsichtsrätinnen. Bei den Argumenten für Frauenquoten geht es um mehr Gerechtigkeit, Fähigkeiten und Demokratie.

Das Gerechtigkeitsargument

Fünfzig Prozent der Bevölkerung sind Frauen, daher ist es nur gerecht, wenn Frauen auch einen dementsprechenden Anteil an Führungspositionen innehaben. Denn dabei geht es auch um eine gerechtere Macht- und Ressourcenverteilung. Um dies zu erreichen, braucht es eine positive Diskriminierung von Frauen. Das Gegenargument an dieser Stelle ist oft, dass diese positive Diskriminierung Männer benachteiligt. Darauf lässt sich entgegnen, dass es Frauen ohnehin nur bei gleicher bzw. höherer Qualifikation bevorzugt werden und es nie darum geht einen besser qualifizierten Mann durch eine schlechter qualifizierte Frau zu ersetzen. Männer kommen oft in Aufsichtsratspositionen, weil sie über starke, männlich dominierte, Netzwerke verfügen, zu denen Frauen nur schwer Zugang haben. Damit entsteht ein selbsterhaltendes System, dass durch eine Frauenquote durchbrochen werden kann.

Das Fähigkeitsargument

Das Fähigkeitsargument lässt sich in zwei Linien unterteilen. Einerseits geht man davon aus, dass die unterschiedlichen Talente in der Bevölkerung gleich verteilt sind. Dadurch dass Frauen vor allem in Führungspositionen unterrepräsentiert sind, wird das volle Fähigkeitspotenzial der Bevölkerung nicht ausgeschöpft. Andererseits bringen Frauen andere Sichtweisen in Unternehmen ein und dadurch entstehen neue Perspektiven und Problemlösungsweisen. Dies wirkt sich auch langfristig auf den Unternehmenserfolg aus.1 GegnerInnen der Quote argumentieren damit, dass es noch zu wenig qualifizierte Frauen für Aufsichtsratposten gibt, da es auch in den unteren Hierarchieebenen zu wenige Frauen gibt. Hier kann mithilfe von ExpertInnendatenbanken und Schulungen entgegengewirkt werden. Zusätzlich zeigen Erfahrungen, dass sich oft entsprechend qualifizierte Frauen finden, wenn ernsthaft geeignete Kandidatinnen gesucht werden müssen. In Norwegen wurde weiters argumentiert, dass ausländische InvestorInnen durch die Quote abgeschreckt werden und dadurch der Unternehmenswert sinken würde. Rückblickend betrachtend sind Aktienkurse kurzfristig tatsächlich gesunken, langfristig gab es allerdings keine negativen Auswirkungen.

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1 Zu diesem Argument wurden bereits einige Studien durch­geführt. Hier muss allerdings erwähnt werden, dass der Unternehmenserfolg in diesen Studien unterschiedlich definiert wurde und somit keine völlig objektive Sichtweise darstellt.

Das demokratische Argument

Wenn Frauen in Aufsichtsräten von Aktiengesellschaften gleichberechtigt vertreten sind, dann können auch beide Geschlechter an wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen partizipieren. Gegenargument dazu ist, dass damit die „Aktionärsdemokratie“ eingeschränkt wird.

Unter Aktionärsdemokratie wird die Mitbestimmung der AktieninhaberInnen verstanden. Mit einer gesetzlichen Frauenquote wird dieses Mitbestimmungsrecht eingeschränkt, da in der Hauptversammlung der Aufsichtsrat gewählt wird. In Österreich ist aber beispielsweise auch gesetzlich geregelt, dass VertreterInnen der ArbeitnehmerInnen, also BetriebsrätInnen in den Auf­sichtsrat entsandt werden. Dass gesetzliche Regelungen die Aktionärsdemokratie einschränken, ist daher etwas Selbstverständliches und hat nicht zwangsläufig negativen Folgen.

Fazit

Abschließend betrachtet zeigt sich, dass Frauenquoten Organisationen dazu zwingen, sich über mögliche qualifizierte Frauen ernsthafte Gedanken zu machen. Es gibt Bereiche, wo es tatsächlich nicht möglich ist, entsprechende Kandidatinnen zu finden. Mit einer verpflichtenden Quotenregelung werden diese Bereiche allerdings stark minimiert. Zusätzlich braucht es Begleitmaßnahmen. Dazu zählen aber nicht nur entsprechende Datenbanken und Schulungen, sondern vor allem Rahmenbedingungen die es Frauen ermöglichen, Karriere und Kinder zu vereinbaren. Frauenquoten zeigen in Ländern, in denen diese Vereinbarkeit durch staatliche Unterstützung und ein fortschrittliches gesellschaftliches Klima gegeben ist, bessere Wirksamkeit und schnelleren Erfolg. Gerade in diesem Bereich herrscht in Österreich noch großer Verbesserungsbedarf. Letztendlich zeigt aber auch das Beispiel Norwegen, dass Frauenquoten in Aufsichtsräten nicht automatisch dazu führen, dass Machtpositionen gleicher verteilt werden: So ist z.B. der Anteil an weiblichen Aufsichtsratvorsitzenden nur minimal angestiegen.

 

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