Das Geld geht um die Welt – Die Welt der Steueroasen – Funktionsweisen, Orte und Regulierungsvorschläge für eine Paralellwelt, die für Teile der Bevölkerung Wege schafft, sich der gemeinschaftlichen Verantwortung zu entziehen.

by Georg Hubmann

Die als „Offshore-Leaks“ bekannt gewordene Auswertung und Veröffentlichung bislang geheimer Dateien hat in den Medien weltweit für Aufsehen gesorgt und das Thema Steueroasen in den Fokus der Öffentlichkeit gebracht.

Was sind Steueroasen?

In Steueroasen gibt es keine oder nur niedrigste Steuern (auf Einkommen, Gewinne, Kapitaleinkommen und Erbschaften), Verschleierungsmöglichkeiten durch besondere Rechtskonstruktionen (Stiftungen, Trusts, Bankgeheimnis samt Treuhandschaften und eine Beratungsindustrie) sowie sehr einfache Möglichkeiten der Firmengründung. Dazu kommt eine laxe Finanzregulierung (Desinteresse der Aufsichtsbehörden an ausländischen Firmen, Möglichkeit zur Umgehung von Eigenkapitalvorschriften, Sitz von Schattenbanken).

Das Netzwerk für Steuergerechtigkeit, eine NGO die sich dem weltweiten Kampf gegen Steueroasen verschrieben hat, veröffentlicht regelmäßig den „Schattenfinanzindex“ – eine Liste der intransparentesten 2013Finanzplätze. Darauf sind nicht nur exotische Kleinststaaten in der Karibik, sondern auch europäische Länder vertreten (siehe Kasten unten). Auch Österreich liegt unter den Top 20.

Wie funktioniert das Geschäft?

Die Möglichkeiten für Reiche und Superreiche sowie große Unternehmen, sich ihrer gesellschaftlichen Verpflichtungen zu entziehen, sind vielfältig. Aber grundsätzlich gibt es drei Formen wie Steueroasen zum Minimieren der Steuern genutzt werden:

Den Wohnort wechseln: Spitzenverdiener unter den Konzernherrn (der reichste Schweizer ist der IKEA-Boss Ingvar Kamprad), SportlerInnen ua. verlegen ihren Wohnsitz in eine Steueroase, um sich die Einkommensteuer von ihrem laufenden Millioneneinkommen als Unternehmen, aus Werbeverträgen, Lizenzverträgen etc. zu sparen. (wie Superfund-Boss Christian Baha).

Geld verschieben: Für Vermögende mit hohen Kapitaleinkommen ist eine Wohnsitzverlegung nicht notwendig. Sie können im Koffer oder mit Hilfe der Banken ihr Geldvermögen in eine Steueroase transferieren und so die Besteuerung von Kapitalerträgen und Spekulationsgewinnen vermeiden. Noch wichtiger ist aber die Möglichkeit, die Herkunft von Geldern aus verbotenen Geschäften (Drogen- und Menschenhandel, Korruption, usw.) oder schlichter Steuerhinterziehung aus Schwarzgeschäften zu verschleiern.

Briefkastenfirmen gründen: Viele international tätige Konzerne wickeln ihre Geschäfte weitgehend über Briefkastenfirmen in Steueroasen ab. So werden die ausgewiesenen Gewinne künstlich niedrig gehalten und deren Besteuerung im Herkunfts- wie im Absatzland umgangen. Die OECD schätzt, dass 60 Prozent des weltweiten Handels innerhalb von multinationalen Konzernen stattfinden.

Gefahr für die Finanzmärkte
Klar ist, dass die Geschäfte in Steueroasen Intransparenz bei Finanzströmen mit sich bringen. Damit gefährden sie die Stabilität des Finanzmarkts und begünstigen die Entstehung von Finanzkrisen. Denn es wird die globale Kontrolle verunmöglicht und die immer größeren Vermögen in Steueroasen erhöhen das Risiko von Ansteckungseffekten. Darüber hinaus kommt es zu einem Wettbewerb zwischen den Ländern um niedrigere Aufsichts- und Regulierungsstandards.
Neuesten Schätzungen des Tax Justice Networks zufolge, liegen in Steueroasen bis zu 32 Billionen Dollar. Das ist der Besitz von weniger als 10 Millionen Superreichen (0,14 Prozent der Weltbevölkerung), knapp 100.000 von ihnen verfügen über 10 Billionen Dollar. Den Heimatstaaten der Steuerhinterzieher entgehen so jährlich bis zu 280 Milliarden Dollar an Steuereinnahmen.

Die Auswirkungen

Die Leidtragenden sind die steuerzahlenden Klein- und MittelverdienerInnen, Klein- und Mittelunternehmen sowie KonsumentInnen. Sie müssen nicht nur den Steuerausfall kompensieren, sondern sie treffen auch staatliche Kürzungen überproportional. Entscheidend ist: In Steueroasen wird keine Wertschöpfung durch die Produktion von Gütern geschaffen. Es werden jedoch Gewinne am Fiskus der Länder, wo sie eigentlich erwirtschaftet werden, vorbei geschleust. Obwohl die Firmen die gut ausgebaute Infrastruktur im Produktionsland nutzen, leisten sie dafür keinen gerechten Beitrag. An den Steueroasen verdient aber auch die Finanzberatungsindustrie (Banken und deren Manager, Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater usw.).
Klar ist: Steueroasen könnten ohne Finanzbeziehungen zu anderen Ländern nicht existieren: die Kanalinseln Guernsey und Jersey zum Finanzplatz London, die Bahamas und der Bundesstaat Delaware zu den USA, Luxemburg, Schweiz und Liechtensteins zu Deutschland usw. Hier könnte angesetzt und der Hahn zugedreht werden. Tatsächlich unternahmen die Regierungen der betroffenen Staaten aber kaum etwas und es blieb bislang bei Lippenbekenntnissen.

 

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