Österreichs Arbeiter*innenklasse ist migrantisch!

by Nora Waldhör

In unserem letzten Eintrag haben wir festgestellt, dass ein Gutteil der Arbeiter*innen und Angestellten entweder Migrationshintergrund hat oder selbst migriert ist. Aber welche Tätigkeiten führen diese Menschen aus?
Aufschluss darüber geben die sogenannten ISCO-08 Berufsgruppen. Das ist die Internationale Standardklassifikation für Berufsgruppen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Wir betrachten im Folgenden die Kategorien 5-9 in denen die Beschäftigten meist den Status Arbeiter*in tragen. Darunter fallen beispielsweise Handwerksberufe, Maschinenbediener*innen oder Monteur*innen sowie Hilfsarbeiter*innen, aber auch Dienstleistungsberufe, wie Verkäufer*in, Altenpfleger*in oder Beschäftigte in der Gastronomie.

In Österreich haben 27% der Beschäftigten in den ISCO-08 Hauptgruppen 5-9 keine österreichische Staatsbürger*innenschaft und 31% Migrationshintergrund. Blickt man genauer auf die Hilfsarbeitskräfte (Berufsgruppe 9) wird klar, dass 50% der Hilfsarbeiter*innen in Österreich ausländische Staatsbürger*innen sind. In Wien sind es sogar 82% der Hilfsarbeiter*innen. Auch Handwerksberufe üben in Wien zu 56% Menschen ohne österreichische Staatsbürger*innenschaft aus. Bei der Bedienung von Anlagen und Maschinen sowie Montageberufen sind es 67%. In ganz Österreich arbeiten in Handwerksberufen 22% ohne österreichische Staatsbürger*innenschaft. 34% sind es unter den Maschinenbediener*innen. Im Dienstleistungsbereich haben 24% in ganz Österreich und 49% in Wien keine österreichische Staatsbürger*innenschaft.

In Wien ist in allen Berufsgruppen die dem Status Arbeiter*in zugerechnet werden können, mit Ausnahme der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei, der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund höher als der ohne Migrationshintergrund. Bei den Hilfsarbeiter*innen liegt der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund bei 86% und damit am höchsten von allen Branchen. Auch im österreichweiten Durchschnitt haben mehr als die Hälfte – also 52% – der Hilfsarbeiter*innen Eltern, die aus dem Ausland stammen.

Für alle Beschäftigten ohne Staatsbürger*innenschaft gilt, dass sie in Österreich wie alle Beschäftigten Beiträge zur Sozialversicherung und Steuern zahlen, jedoch haben sie kein Wahlrecht und können nicht mitbestimmen was mit ihren Steuergeldern passiert. Integration ist eben nicht nur eine Frage der Beteiligung am Arbeitsmarkt, sondern braucht auch demokratische Mitbestimmung!

 

Für alle die lieber Zuhören als Lesen, hat Nikolaus Kowall eine neue Folge von „Kowall redet Tacheles“ aufgenommen.

 

 

Zum Weiterlesen:

AMS (2022): Demografische Entwicklung und Prognose der Erwerbspersonen bis 2050.

BMAGSK (2019): Demographischer Wandel – geänderte Rahmenbedingungen für den Sozialstaat?

Neuhauser, Johanna (2022): „Wo ist das Gesetz?“ – Versäumnisse und Handlungsbedarfe in der Regulierung prekärer Leiharbeit von Migrierten.

Statistik Austria (2022): Bevölkerungsstatistik.

Türk, Erik (2022): Über Lebenserwartungen, warum auch beim Sterben nicht alle gleich sind und was daraus für die Pensionspolitik folgt, A&W Blog.

Tamara, Ehs (2018): Wien wählt (nicht): Demokratische Beteiligung 1918-2018.

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