62 Tage Arbeit ohne Entgelt – unvorstellbar? Leider nein. Denn für Österreichs Frauen ist dies traurige Realität. Bis 31. März – dem österreichischen Equal Pay Day – arbeiteten sie im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen ohne Gegenleistung.
Aber das liegt doch nicht am Geschlecht
Ergebnisse der letzten EU-weit durchgeführten Verdienststrukturerhebung zeigen: Vollzeitbeschäftigte Frauen verdienen in der Europäischen Union im Durchschnitt 16,4% weniger als vollzeitbeschäftigte Männer. Österreich liegt mit 23,4% am vorletzten Platz, nur von Estland unterboten. Wird der Lohnunterschied um strukturelle und vermeintlich geschlechtsunabhängige Faktoren – wie Branche, Beruf, Alter, Beschäftigungsverhältnis oder Unternehmenszugehörigkeit – bereinigt, bleibt immer noch eine nicht weiter begründbare Differenz von 14,9%.
Männer müssen die Familie ernähren
Zahlreiche Klischees und gesellschaftliche Strukturen wirken noch heute einer echten Gleichstellung entgegen. Von Kindheit an, sehen sich Frauen mit ungleich verteilten Machtverhältnissen konfrontiert. Ein Blick auf die (Aus)Bildungswahlentscheidung junger Frauen und Männer, lässt unzweifelhaft erkennen, dass Österreichs Bildungssystem stark von Geschlechterstereotypen geprägt ist. (Bildungs)Bereiche, die nach traditionellen gesellschaftlichen Vorstellungen Frauen zugeschrieben werden, werden nach wie vor auch häufig von diesen besucht. So sind 90% der SchülerInnen einer wirtschaftsberuflich orientierten BHS weiblich, der Frauenanteil an technisch gewerblichen höheren Schulen beträgt hingegen nur 27%.
Ist „männliche Arbeit“ mehr wert?
Nicht nur der Bildungsweg sondern auch die Berufswahl von Burschen und Mädchen ist in hohem Ausmaß von Rollenzuschreibungen geprägt. Dabei zeigt sich, dass die mehrheitlich weiblichen Berufe deutlich schlechter bezahlt sind. Unter den vier am besten bezahlten Lehrberufen finden sich drei mit einem Frauenanteil von nur rund 5%. Am traurigen Ende der Einkommensskala stehen die FriseurInnen mit einem Frauenanteil von 97%.
Hausarbeit ist Frauensache
Das festgefahrene Klischee, dass Haushaltstätigkeiten Frauensache sind, hat konkrete Folgen: Knapp 70% der Frauen im erwerbsfähigen Alter (15-64 Jahre) in Österreich waren 2014 erwerbstätig. Zusätzlich verwenden diese Frauen im Schnitt aber noch 27 Stunden für Haushalts- und Betreuungsarbeit. Kein Wunder also, dass österreichweit nur rund die Hälfte der erwerbstätigen Frauen über eine Vollzeitstelle verfügt. Teilzeit zu arbeiten stellt vielfach die (einzige) Möglichkeit dar, Familie und Beruf zu vereinbaren. Diese Mehrfachbelastung bringt Frauen zunehmend unter Druck und hat neben gesundheitlichen Folgen auch starke Auswirkungen auf den Karriereverlauf sowie die soziale und finanzielle Absicherung.
Die Bildungslüge
Noch nie waren Frauen so gut ausgebildet wie heute. Bereits jede zweite Schülerin maturiert, während die Maturantenquote nur 34% beträgt. Auch bei den Universitätsabschlüssen zeigt sich ein ähnliches Bild: Mehr als die Hälfte der Frauen schließt ein Bachelor- (59,3%) oder Diplomstudium (64%) ab. Diese bessere Bildung spiegelt sich aber nur unzureichend in der Arbeitswelt wider: Denn 22% aller männlichen, aber nur 7% aller weiblichen HochschulabsolventInnen sind in einer Führungsposition.
Ein enttäuschendes Bild zeigt auch eine Analyse des Frauenanteils in den Entscheidungsgremien der Top-200-Unternehmen Österreichs. In den Geschäftsführungen liegt der Anteil an weiblichen EntscheidungsträgerInnen mit 5,6% konstant auf niedrigem Niveau. In absoluten Zahlen ausgedrückt, sind nur 34 von 606 leitenden Positionen mit Frauen besetzt. Traditionell höher, aber dennoch sehr niedrig ist der Frauenanteil in den Aufsichtsräten: Er stieg seit 2005 von 7,6% auf 13,9% im Jahr 2014.
Im europäischen Vergleich zählt Österreich mit einer Frauenquote von 13% in den obersten Leitungsorganen – wie auch bei der Entgeltdiskriminierung – zu den Schlusslichtern. Der europäische Schnitt liegt bei 18%.
Wer all das nach wie vor nicht glauben kann, findet hier den Beweis: