Der Februar 1934 aus Sicht von Studierenden

by Klaus Baumgartner

Schule und Unterricht verändern sich und sind einem ständigen Wandel unterzogen. Schulklassen werden immer heterogener, die Schülerinnen und Schüler bringen unterschiedlichste Voraussetzungen, Veranlagungen, Interessen, Fertigkeiten und Fähigkeiten mit und die Lehrpersonen müssen mit dieser Heterogenität der Klasse umgehen. Von Egbert Bernauer. Zur PDF-Version.

Frontalunterricht wird als überwiegende Methode im Klassenzimmer zusehends uneffektiv, weshalb individualisiertes Lernen mehr und mehr gefragt ist, um alle Schülerinnen und Schüler zu „erreichen“.
Ein weiteres Phänomen, das unsere Gesellschaft im Allgemeinen und auch die Schule im Besonderen beschäftigt, ist der Einzug der digitalen Medien in unsere Lebens- und Arbeitswelt. Digitale Medien nehmen eine immer zentralere Stellung in unserem Leben ein. Dies und die steigende Bedeutung von Informations- und Kommunikationstechnologien in Schule und auch der Gesellschaft zieht einen Wandel von Lernen und Lehren nach sich. Das Schulsystem muss seinen Schülerinnen und Schülern die Chance bieten, einen kompetenten Umgang mit diesen Informationstechnologien zu erlernen. War vor wenigen Jahren diese Entwicklung noch auf relativ große Personal Computer beschränkt, erscheint nun eine Vielfalt an unterschiedlichsten Endgeräten. Die Schülerinnen und Schüler bringen meist ihre eigenen Geräte wie Smartphones oder auch Tablets mit in die Schule.

Warum diese Ressource nicht auch nutzen?
Gerade Kinder und Jugendliche wachsen permanent mit digitalen Medien auf und diese sind ein fixer Bestandteil ihrer Kommunikationskultur geworden. Die Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen heutzutage ist von Computer, Internet & Co durchdrungen, und ursprüngliche, traditionelle, lehrerzentrierte Unterrichtsformen sehen sich Kritik von Schülerinnen und Schülern ausgesetzt, die sich oft in ablehnendem Desinteresse zeigt. Dagegen führt der Umgang mit digitalen Medien offensichtlich zu einer erhöhten Motivation der überwiegend technikbegeisterten Kinder und Jugendlichen. Des Weiteren werden auch die immer höheren Anforderungen der Arbeitswelt an die Methodenkompetenz der zukünftigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch von den Schulen beziehungsweise deren Lehrplänen berücksichtigt, die die Vermittlung entsprechender Fähigkeiten bereits in der Schule vorschreiben.
So soll laut dem Unterrichtsprinzip Medienerziehung der Einsatz von audiovisuellen Unterrichtsmitteln den Schülerinnen und Schülern Gelegenheit für eine eigenständige Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Thema geben. Medienerziehung habe grundsätzlich auf allen Schulstufen – der geistigen Entwicklung der Schülerinnen und Schüler entsprechend – zu erfolgen. Es ist nun die Frage zu stellen, wie diese Neuen Medien als Hilfsmittel in den Geschichte- und Politikunterricht eingebunden werden können und welche Funktionen sie dabei übernehmen.

Das Einbauen von digitalen Medien in den Unterricht erhöht in der Regel die Motivation der Schülerinnen und Schüler. Auch hinsichtlich Gewinnung von Kompetenzen, die für unsere Schüler und Schülerinnen auch später im Leben notwendig sind, im Besonderen der Medienkompetenz, ist eine kritische Auseinandersetzung mit der digitalen Welt wichtig und sinnvoll.
Die Schüler und Schülerinnen begegnen dieser Art des Arbeitens an Computer, Tablets, Handys & Co sehr positiv, da diese Geräte und der Umgang mit diesen aus ihrer Lebenswelt nicht mehr wegzudenken sind. Des Weiteren ist es natürlich auch eine wichtige Aufgabe von Lehrerinnen und Lehrern, die Schülerinnen und Schüler in der für sie notwenigen Entwicklung der Medienkompetenz zu unterstützen.
Grundsätzlich ist der Unterricht mit Neuen Medien sehr schülerinnen- und schülerzentriert und ermöglicht ein individuelles Arbeiten. Die Schülerinnen und Schüler lernen auch, Verantwortung für ihr eigenes Lernen zu übernehmen. Gleichzeitig ist es ein Vorteil, dass mehrere, im besten Fall alle Schülerinnen und Schüler zugleich arbeiten können und nicht erst warten müssen, bis er oder sie an der Reihe ist. Der selbsttätige Anteil der Schülerinnen und Schüler ist bei der Verwendung von Neuen Medien sehr hoch. Da Lernen ein aktiver, persönlicher Prozess ist, der Selbsttätigkeit voraussetzt, kann der Einsatz der Neuen Medien dieses meiner Meinung nach jedenfalls erleichtern beziehungsweise unterstützen.

Es stellt eine nicht unbeträchtliche Herausforderung dar, in den Zeitrhythmen der digitalen Welt die ständig nachwachsenden, sich verändernden und neu geschaffenen medialen Möglichkeiten für historische Lernprozesse zu didaktisieren“, erklärt Kühberger in seinem Beitrag „Dokumentierte Dialogizität – Digitales historisches Lernen als gesellschaftliche Partizipation.
Die fachspezifischen Diskussionen beziehungsweise das fachdidaktische Wissen über das konkrete Handeln und Denken der Lernenden, welche sich mit derartigen Produkten beschäftigen oder diese sogar selbst erstellen, sei im Bereich der deutschsprachigen Geschichtsdidaktik nach wie vor kaum bis gar nicht vorhanden.

„Welche Möglichkeiten gibt es, neue Medien in den Geschichts- und Politikunterricht zu integrieren?“
Ein solches Projekt, digitale Medien für den Geschichts- und Politikunterricht zu nutzen, fand an der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich statt. Inspiriert von der website www.12februar1934.at und insbesondere durch die dort angesiedelte interaktive Linz-Karte über die Ereignisse des 12. Februars 1934 in Linz, produzierten Studierende des Lehramtsstudiums Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung in der Lehrveranstaltung “Neue Medien und Arbeitstechniken” in Dreiergruppen Kurzfilmdokumentationen rund um die Ereignisse des 12. Februars in Linz. Bei dem unter Leitung von Egbert Bernauer und Christian Kogler stehenden Geschichte-Projekt konnten die Studierenden auf die kompetente Unterstützung von Klaus Baumgartner zählen, der die jungen Filmemacher mit Hintergrundinformationen und Quellenmaterialien versorgte.

Die Themen, welche in den sechs Kurzfilmen bearbeitet wurden, waren die “Vorgeschichte des Bürgerkriegs 1934”, “Rosa Jochmann”, ein Film, der vor allem die Bedeutung der Frauen in dieser Phase österreichischer Zeitgeschichte hervorheben sollte, des Weiteren Kurzfilmdokus über die beiden vermutlich prominentesten Persönlichkeiten des Linzer Schutzbundes “Richard Bernaschek” und “Anton Bulgari”, eine Darstellung der Ereignisse des 12. Februar 1934 im “Hotel Schiff” sowie ein Film über die damals noch ganz neue Linzer “Diesterwegschule”, die ebenfalls einen der Brennpunkte der Kampfhandlungen in Linz darstellte.
Die Motivation und der Einfallsreichtum der engagierten erstsemestrigen Studierenden waren ausgesprochen hoch und die Ergebnisse beachtlich. Da die Kurzfilme fast ausschließlich mit der vorhandenen Technik von Smartphones beziehungsweise iPhones gedreht und geschnitten wurden, wie sie heutzutage bei einem Großteil von Schülern und Jugendlichen in Verwendung sind, so ist eine Nachahmung dieses Projekts mit Schülern durchaus denkbar.
Das Projekt stellt ein Beispiel der Erinnerungskultur mit Neuen Medien und einen wichtigen Zugang für eine kritische Auseinandersetzung von Jugendlichen mit Zeitgeschichte dar. Um derartige Projekte zukünftig in Schulen ermöglichen zu können, wäre es wichtig und notwendig, höhere Stundenkontingente und somit auch mehr Mittel für einen Unterricht in Politischer Bildung und Schulungen mit digitalen Medien flächendeckend für alle Bildungseinrichtungen zur Verfügung zu stellen.

Die Studierenden präsentierten ihre Produkte mit sichtlichem Stolz in einer Dorf-TV Livesendung am 17. Jänner, auch bei der Sonntags-Matinee zum Gedenken an den 12. Februar 1934, die am 10. Februar im “Central” stattfand, wurden die Filmdokumentationen gezeigt.
Weitere Möglichkeiten der Verbreitung der Kurzfilmdokus sind geplant und erwünscht. Die Kurzfilme sind unter www.vimeo.com/album/5698988 abrufbar.

• Friedrich, K., Bachmair, B., & Risch, M. (Hrsg.) (2011). Mobiles Lernen mit dem Handy: Herausforderung und Chance für den Unterricht. Weinheim und Basel: Beltz.
• Kühberger C. (2015). Dokumentierte Dialogizität – Digitales historisches Lernen als gesellschaftliche Partizipation. In B. Buchberger, C. Kühberger und C. Stuhlberger (Hrsg.), Nutzung digitaler Medien im Geschichtsunterricht. (S. 17 – 37). Innsbruck: Studienverlag Ges.m.b.H.

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