Sparzwang in Südeuropa – Eine Zwischenbilanz

by Georg Hubmann

Europas Staaten stehen Kopf. Während Länder wie Griechenland, Spanien oder Italien trotz eisernem Spardiktats mit steigenden Zinsen kämpfen, profitieren Österreich und vor allem Deutschland von sinkenden Zinsen auf ihre Staatsanleihen. So konnte Österreich im Juli trotz Herabstufung seiner Bonität einen historischen Tiefstand bei den Anleihezinsen verzeichnen.

Sparpolitik & Staatsverschuldung: Ein Teufelskreis

Es gibt zwei Wege, um staatliches Defizit zu reduzieren: Entweder werden die staatlichen Einnahmen erhöht, oder die Ausgaben des Staates gesenkt. Gemäß der vorherrschenden neoliberalen Doktrin konzentrieren sich die Sparbemühungen primär auf die Ausgabenseite des Staates. Ziel ist es die Staatsverschuldung deutlich zu senken, in der Hoffnung die Zinsen für die zur Refinanzierung notwendigen Staatsanleihen würden sinken. Die Debatte über die Staatsverschuldung kreist vor allem um Zahlen, wie zum Beispiel die Staatsschuldenquote, das Budgetdefizit oder die 60% Maastricht-Kriterium. Ein Ansteigen der Schuldenquote alleine sagt aber noch nichts darüber aus, ob ein Staat stärker verschuldet ist. Die Schuldenquote spiegelt lediglich das Verhältnis zwischen Staatsschulden und BIP wider.

Die Auswirkungen der Sparpakete in Südeuropa

Durch den Konjunktureinbruch steigt die Arbeitslosigkeit. Dies geht zu Lasten des Inlandskonsums und der Investitionsfreude der Unternehmen. So verlieren die Staaten hohe Summen an Lohn- und Einkommens-, sowie Gewinnsteuern. Gleichzeitig steigen die Sozialausgaben auf Grund der gestiegenen Arbeitslosigkeit und Armut. Dieser Entfall der Einnahmen und die Ausgabensteigerung erhöhen das Defizit und die Staatsverschuldung.

Das Sparpaket in Spanien

Maßnahmen

  • Kürzung der Arbeitslosenhilfe und des Pflegegeldes
  • Anhebung der Mehrwertsteuer: + 3%
  • Kürzungen der Gehälter von Staatsbediensteten
  • Lockerung des Kündigungsschutzes
  • Kürzung der Staatsausgaben bei den Ministerien um durchschnittlich 17%

 

Auswirkungen

  • Arbeitslosenrate bei 24,6%
  • Rekordjugendarbeitslosigkeit, 3 Millionen Arbeitslose bei den unter 25-jährigen
  • 1,7 Millionen Haushalte, in denen keine Person einem Job nachgeht
  • Wirtschaft schrumpft das dritte Quartal in Folge

 

Das Sparpaket in Italien

Maßnahmen

  • Lockerung des Kündigungsschutzes
  •  Anhebung des Pensionseintrittsalters
  • Abbau von 55.000 Stellen im ö entlichen Dienst
  • EUR 3 Milliarden Einsparungen im Gesundheitssystem in den kommenden zwei Jahren
  • EUR 200 Millionen weniger für die Universitäten

Auswirkungen

  • Wirtschaft schrumpft im Jahr 2012 um bis zu 3%
  • Steigende Arbeitslosenzahlen seit dem Jahr 2007 (Aktuell:
    10%)
  • Konsum minus 0,6%, Investitionen minus 3,6%

 

Das Sparpaket in Griechenland

Maßnahmen

  • Erhöhung der Mehrwertsteuer
  • Kürzung der BeamtInnengehälter und Streichung des 13. und 14. Gehalts (- 22,84%)
  • Einstellungsstopp im öffentlichen Dienst, Einfrieren der Gehälter über EUR 2000,-
  • Anhebung Pensionsantrittsalters
  • Steuererhöhung für Treibstoffe
  • Kürzungen im Gesundheitssystem um EUR 2 Milliarden

Auswirkungen

  • Gehälter im öffentlichen Dienst: – 30%
  • Pensionen: – 15,6%
  • 5 Jahre Rezession: – 15% BIP
  • Arbeitslosigkeit bei 22,4%, bei unter 24-jährigen: Über 40%

Besonders in Griechenland sind die Auswirkungen der Sparpakete katastrophal. Kaufkraft der GriechInnen hat sich innerhalb der letzten 3 Jahre nahezu halbiert. Der Mindestlohn wurde im Jahr 2012 von EUR 751 auf EUR 586,- gekürzt. Damit sind Beschäftigte mit Mindestlohn in puncto Kaufkraft auf den Stand von 1978 zurückgefallen.

Wem die Krise nicht schadet

Während ArbeitnehmerInnen, PensionistInnen & Co. drastische Einkommensverluste hinnehmen müssen, steigen die privaten Geldvermögen trotz Krise. Als Geldvermögen zählen Bargeld, Wertpapiere, Bankeinlagen, Sparbriefe oder Ansprüche gegen Versicherungen. Guthaben im Ausland oder Sachwerte wie Immobilien sind nicht miteingerechnet. Das private Geldvermögen wuchs laut Bundesbank beispielsweise in Deutschland um weit überdurchschnittliche 149 Milliarden Euro auf den Rekordwert von 4,715 Billionen Euro. Das ist bedeutend mehr als das Doppelte der deutschen Staatsverschuldung von rund 2 Billionen Euro.

 

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