Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist keine Selbstverständlichkeit. Auch dieses Jahr gibt es signifikante Unterschiede beim Gehalt zwischen Mann und Frau. Ab dem 11. Oktober, dem EQUAL PAY DAY, arbeiten Frauen im Bundesschnitt bis zum Jahresende unentgeltlich. Zur PDF-Version.
Einkommensgleichheit: Ein langer Weg
In den 1950er Jahren wurde erstmals durch gleichwertige Kollektivverträge für beide Geschlechter eine Gleichrangigkeit gesichert. Um tatsächliche Gleichstellung in allen Branchen zu gewährleisten, dauerte es bis in die 1970er Jahre. Erst im Jahr 2011 novellierte man das Gleichbehandlungsgesetz, um das Ziel „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ durchzusetzen. Aktuelle Daten von Eurostat zeigen, dass Österreich in Europa mit 23% auf Platz 2 der größten Lohnunterschiede zwischen Mann und Frau liegt, nur Estland ist mit 30% schlechter. – Welche Ursachen gibt es für die Lohnschere? Woher kommen die Unterschiede in Europa? Und warum ist gleicher Lohn für gleiche Arbeit noch immer keine Selbstverständlichkeit?
Verschiedene Gründe werden in der Eurostat-Studie angeführt, etwa Unterschiede bei der Erwerbsteilung, den Berufen und Tätigkeiten von Männer bzw. Frauen, im Umfang der Teilzeittätigkeit von ArbeitnehmerInnen. Berücksichtigt man diese Punkte und rechnet noch die allgemeine und berufsspezifische
(Aus-)Bildung heraus, so bleiben immer noch 13% Gehaltsunterschied bestehen. Diese sind „nur mehr“ auf eine geschlechterspezifische Diskriminierung zurückzuführen. Weitere Punkte, um geschlechtsspezifische Verdienstunterschiede zu erklären, sind die Entscheidungen der Personalabteilungen im privaten und öffentlichen Sektor über die Karriereentwicklung oder über unbezahlten Urlaub und/oder Mutterschaftsurlaub. Aufgrund verwehrter Möglichkeiten arbeiten deswegen viele Frauen Teilzeit oder haben atypische Arbeitsverträge: Dadurch verbleiben sie zwar im Arbeitsmarkt, aber tragen auch den Großteil der Kinderbetreuung. Das wirkt sich negativ auf ihre Vergütung, berufliche Entwicklung, Beförderungsaussichten und Pensionsansprüche aus.
Einkommensgleichheit: Wo stehen wir jetzt?
Um Gehaltsunterschiede und Vorurteile zu analysieren, hat sich ein australisches ForscherInnenteam in der Studie „Do Women Ask? – Women don´t like to negotiate“ mit typischen Vorurteilen auseinandergesetzt: „Frauen fragen in Wirklichkeit nicht um eine Lohnerhöhung.“ und „Der Grund warum Frauen nicht fragen ist, weil ihnen mehr an der Qualität der Beziehungen am Arbeitsplatz liegt als Männern.“ Dazu wurden Frauen und Männer detailliert über ihre Motive,
ihr Verhalten und zu ihren Erfahrungen und Geschichten aus dem Arbeitsleben befragt. In unterschiedlichen Gesprächsrunden wurde herausgearbeitet, wie und warum Männer und Frauen agieren: Arbeiter und Arbeiterinnen aus der jeweils gleichen Branche und im gleichen Beruf wurden in Gruppengesprächen befragt. Ziel war es herauszufinden, ob folgende oft vorgebrachte Vorurteile, in der Realität auch einen Einfluss auf die unterschiedliche Entlohnung haben:
• Frauen seien zu schüchtern, um im Lohn-Wettbewerb ihre Interessen durchzusetzen.
• Für Frauen und ihre Berufsaussichten ist es von Nachteil, wenn sie zu ambitioniert auftreten.
“Not asking or Not getting?”
Jedoch zeigen die Studienergebnisse klar, dass Frauen nicht weniger verhandeln als Männer. Auch wenn es darum geht, wie oft nach einer Gehaltserhöhung gefragt wird, gibt es keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Die Realität sieht also anders aus als die Vorurteile meinen lassen: Frauen haben keine
Angst davor, die Beziehung zum Chef wegen einer Lohnnachfrage zu riskieren. Im Gegenteil, es sind häufiger die Männer die befürchten, dass für sie ein Lohngespräch zum Karrierehindernis werden könnte.
Die Studie zeigt, dass schlussendlich die ArbeitgeberInnen entscheiden, ob jemand eine Lohnerhöhung bekommt. Sie sind es, die den Arbeitnehmerinnen eine Gehaltserhöhung verwehren. Aufgrund der Aussagen der befragten Personen, ist das Hindernis für
Lohnerhöhungen bei Frauen keine betriebswirtschaftliche Entscheidung der ArbeitgeberInnen, sondern einfach ein Ausdruck von Geschlechterdiskriminierung.
Die Motive für diese Diskriminierung wurden nicht erfragt. Deutlich wird: Frauen fragen nach höheren Löhnen, jedoch bekommen sie einfach nicht mehr – ein weiterer Beleg dafür, dass Diskriminierung am Arbeitsmarkt existiert. Spannend ist, dass Unterschiede in den Antworten je nach Alter der Frauen und Männer auffällig sind. Die Antworten der Jüngeren ließen darauf schließen, dass für sie gleicher Lohn für gleiche Arbeit weitestgehend eine Selbstverständlichkeit ist. Diese andere Einstellung deutet daraufhin, dass sich ihr Verhalten, wenn sie einmal über Löhne anderer entscheiden, verändern könnte.
Was notwendig wäre
Um die Lohndiskriminierung aufgrund des Geschlechts zu schmälern, ist Bewusstseinsbildung bei jüngeren Generationen essentiell. Ein erster Schritt ist getan, da im Bildungswesen eine geschlechtergerechte Sprache schon in einigen Bereichen verpflichtend ist. Das ist bei Weitem nicht alles, um beide Geschlechter
am Arbeitsmarkt gleich zustellen. Derzeit erledigen Frauen den Großteil der Hausarbeit, der Kindererziehung und der Pflege der Angehörigen.
Es gilt in Bereichen wo mehrheitlich Frauen arbeiten die Löhne zu erhöhen. Das betrifft die Bewertung der Löhne in Pflege- und Sozialberufen, oder die finanzielle Unterstützung für Menschen die Care Arbeit im familiären Umfeld erledigen. In Fragen der Gleichstellung würde uns auch die Verankerung von Väterkarenz bzw. Papamonat in den Kollektivverträgen weiterbringen. Gerade weil dann auch Männern die Chance hätten sich stärker in der Kinderbetreuung einzubringen. Dies sorgt auch für zusätzliche Lebensqualität, da viele Väter angeben, dass sie gerne mehr Zeit mit ihrem Nachwuchs verbringen würden und das ArbeitgeberInnen oft nicht zulassen.
Gerechte Verteilung der Haushalts- und Familienarbeit erleichtert es Frauen und Männern Vollzeitarbeit mit familiären Aufgaben zu vereinbaren. Dies sind Grundsteine der Gleichberechtigung, die notwendig sind um Chancengleichheit zu garantieren