Im August 2013 veröffentlichten Wissenschaft ler der Johannes Kepler Universität Linz aktuelle Zahlen zu Vermögen und Besitz in Österreich: 70 Prozent des Vermögens sind in der Hand von nur 10 Prozent der Bevölkerung. Auf der anderen Seite verfügen die ärmsten 50 Prozent der ÖsterreicherInnen über lediglich vier Prozent des Gesamtvermögens. Diese Ungleichverteilung verdeutlicht auch der „Gini-Koeffizient“, ein statistisches Verteilungsmaß. Für Österreich hat er einen Wert von 0,76. Null würde absolut gleiche Verteilung signalisieren (alle haben dasselbe), Eins bedeutet, dass das gesamte Vermögen in der Hand einer einzigen Person liegt.
Armut in Österreich
Österreich gilt zwar als Land mit hohen sozialen Standards, dennoch werden auch hierzulande Reiche immer reicher und Arme immer ärmer. Aktuell sind 14,4% der
Gesamtbevölkerung armutsgefährdet und 5% manifest arm. Im Alltag heißt das neben niedrigen Einkommen auch Einschränkungen in anderen Lebensbereichen wie etwa der Bildung, der ärztlichen Versorgung oder der Wohnsituation. Zu den armen und armutsgefährdeten Gruppen zählen insbesondere alleinerziehende Mütter, Personen mit drei oder mehr Kindern, allein lebende Pensionistinnen, sowie MigrantInnen, (Langzeit)arbeitslose und Working Poor.
Reich geboren?
Reichtum ist selten eine Folge von großer persönlicher Leistung, genauso wenig wie Armut durch individuelles Versagen ausgelöst wird. Die Dinge sind meist komplexer, jedenfalls spielen die Umstände, in die Personen hineingeboren werden, eine große Rolle.
Erben ist keine Leistung
Mit allen Mitteln versuchen Lobbygruppen für Vermögende (IV, WKO, ÖVP), Millionärs- und Erbschaftssteuern zu diffamieren. Sie benutzen Argumente wie „leistungsfeindlich“ und „doppelte Besteuerung. Die Argumente sind falsch: ErbInnen tragen selbst nichts zum Erbe bei, daher leisten sie auch nichts. Der Punkt mit der doppelten Besteuerung ist ebenfalls nicht richtig, da die Erbschaftssteuer von den ErbInnen zu begleichen wäre, und die somit zum ersten Mal ihr geerbtes Vermögen besteuern müssten. Die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung definiert Erben nicht als Leistung. Im Zuge der „HFCS Austria Studie“ der Europäischen Zentralbank aus 2010 stimmt eine deutliche Mehrheit der Aussage „Reich wird man übers Erben“ zu. Interessant ist, dass der Anteil an Gegenstimmen vor allem im Bereich der vermögenden Haushalte und damit in der Gruppe der potentiellen ErbInnen zu finden ist. Im aktuellen „Sozialbarometer“ von Volkshilfe Österreich und dem SORA Institut spricht sich nur eine knappe Mehrheit gegen Erbschafts- und Schenkungssteuern aus. Diese noch vorhandene Skepsis ist zum einen der defensiven Haltung der BefürworterInnen einer Erbschaftssteuer und zum anderen der Kampagnisierung gegen die Erbschaftssteuer durch die GegnerInnen geschuldet. Dass sich die öffentliche Meinung in diesen Fragen verändern kann, zeigt der Diskurs um die Einführung einer Vermögenssteuer: Vor 10 Jahre diskutierte man diese „heiße Kartoffel“ nicht, heute spricht sich mittlerweile eine überwältigende Mehrheit von 77% für die Einführung dieser Steuer ab einem Freibetrag von 500.000 € aus (vgl. Sozialbarometer 01/2014).
Gleichheit ist Glück
Der größte Profiteur einer gerechten Verteilung ist die Gesellschaft selbst. Soziale Spannungen, die Lebenserwartung, Gesundheit, Bildung, Geburtenrate, Verbrechensrate
und vieles mehr stehen in einem direkten Zusammenhang zur Verteilung von Vermögen. Klar ist, je gerechter Vermögen und Einkommen verteilt sind, umso glücklicher ist unsere Gesellschaft. Setzt man diese Erkenntnisse von Wilkinson und Picket („The Spirit Level“) in Verbindung mit den Kernaussagen des gerade erschienenen Buchs von Thomas Piketty („Capital in the 21st century“), zeigt sich, dass die aktuellen Entwicklungen weiter in Richtung Ungleichheit und damit Unglück gehen. Große Vermögen wachsen absolut und relativ schneller als kleine Vermögen. Dadurch gewinnt die bereits ungerechte Verteilung von Erbschaften und Vermögen noch weiter an Bedeutung, die bestehende Ungleichverteilung wird noch weiter einzementiert. Piketty zieht hier Vergleiche mit dem Europa des 19. Jahrhunderts, wo die (väterliche) Erbschaft eine zentrale Rolle für die Lebensgestaltung der Menschen spielte. Das brauchen wir in der heutigen Zeit nicht mehr. Ohne der regulierenden Wirkung von Erbschafts- und Vermögenssteuern bewegen wir uns immer weiter auf diese rückschrittliche Gesellschaft zu. Es bedarf also dringend einer Trendumkehr: Gleichheit statt Ungleichheit, Glück statt Unglück müssen wieder ins Zentrum der Verteilungsdebatte gestellt werden.