Rezension: Krisendemokratie. Sieben Lektionen aus der Coronakrise

by Nora Waldhör

„Die Akutphase der COVID19-Krise ermöglichte wie ein Brennglas den Blick auf die Stärken und Schwächen der österreichischen Demokratie“, fasst die Politikwissenschafterin Tamara Ehs in ihrem Essay „Krisendemokratie. Sieben Lektion aus der Coronakrise zusammenJene Bereiche, die bereits vor der Krise holprig verliefen, taten dies während der Akutphase von Corona erst recht. Es wird ersichtlich, was bei der nächsten Krise aus demokratiewissenschaftlicher Perspektive besser gemacht werden muss – denn diese kommt bestimmt. Die Etablierung einer krisenfesten Demokratie scheint wichtiger denn je, zudem muss die Sicherstellung ihrer sozialen Grundlage noch mehr als bisher zur Daseinsvorsorge gezählt werden.  

 Sieben Lektionen, die uns eine Lehre sein sollten 

In den ersten drei Lektionen erörtert Tamara Ehs was während der Corona-Akutphase problematisch an der Arbeit der Exekutive sowie des Parlaments war. Dabei argumentiert sie aus verfassungsrechtlicher Perspektive und zeigt, welches Selbstverständnis zu Rechtsstaat und Verfassung in der derzeitigen Regierung verbreitet zu sein scheint und wo autoritäre Bedrohungen liegen: Das Regieren am Parlament vorbei ohne jegliche parlamentarische Kontrolle durch umfassende Ermächtigungsgesetze, das schnelle Abstimmen von Sammelgesetzen ohne Begutachtungsverfahren, schlampige „Husch-Pfusch-Gesetze“ und mangelnder Legistikeine von Angstrhetorik geprägte Sprache sowie die Kommunikation von Empfehlungen als wären es Gesetze, sind nur einige Beispiele dafür. 

In Lektion 4 bis 6 analysiert Ehs Defizite, die unter Corona Bedingungen bei der politischen Partizipation sowie im Pluralismus der Meinungen zu Tage traten. Dabei betont sie u.a., dass digitale Demokratie kein Ersatz für die Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte ist und auch in Zukunft lediglich zusätzlich dienen darfDie Reproduktion von sozialer Ungleichheit muss dabei jedoch verhindert werden. Ebenso können und müssen sowohl Demonstrationen, Wahlen als auch sämtliche andere Formen der politischen Partizipation auch in Ausnahmezuständen stattfinden. Für den langfristigen Erfolg des Krisenmanagements der Regierung ist soziales Vertrauen wesentlich, dieses kann aber nur durch Transparenz, Partizipation und eben Demokratie hergestellt werden. 

In Lektion 7 geht Ehs auf strukturelle Probleme der österreichischen Medienlandschaft und die Kontrollfunktion der Journalist_innen einDemokratie braucht informierte und kritische Bürger_innen. Dafür ist die sachliche und diskursfördernde Aufbereitung von Informationen durch qualitativ hochwertigen Journalismus wesentlich.  

Tamara Ehs wirft mit ihrem Buch einen kritischen Blick auf das Krisenmanagement der Regierung.  Dabei gibt sie auf verständliche Art und Weise Einblicke in die österreichische Verfassung und was für das Funktionieren einer Demokratie gerade im Krisenmodus essentiell ist. Für alle politik- und demokratieinteressierten Menschen ist dieses Buch ein Muss.   

Über die Autorin  

Tamara Ehs studierte Politik-, Kommunikations- und Rechtswissenschaften an der Universität Wien und forscht u.a. zu sozialen Fragen von Demokratie, politischer Partizipation und Rechtsstaat. Nach mehreren internationalen Forschungsaufenthalten an namhaften Universitäten lehrt sie mittlerweile an der Universität Wien. Ihr neues Buch „Krisendemokratie. Sieben Lektionen aus der Coronakrisekann hier bestellt werden.

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