Um die im Jahre 2000 formulierten Millennium Entwicklungsziele (MDGs) ist es in den letzten Jahren vergleichsweise ruhig geworden. Der Enthusiasmus, der die Ziele zu Beginn begleitete hat, ist verflogen. Derzeit stehen Fragen nach der Zielerreichung sowie der Post-MDG Agenda im Mittelpunkt der entwicklungspolitischen Debatte.
Auf Basis der Forderungen der Weltkonferenzen in den 1990er Jahren wurden acht Entwicklungsziele formuliert. Diese stellten eine Abkehr von den neoliberalen Forderungen der früheren Strukturanpassungsprogramme dar, deren einziger Fokus war die Entwicklungsländer für die Weltwirtschaft wettbewerbsfähig zu machen. Bei den MDGs steht hingegen die Armutsbekämpfung und die Erfüllung von menschlichen Grundbedürfnissen im Zentrum.
Für die Arbeit von Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit stellten die MDGs in den letzten Jahren den Rahmen der entwicklungspolitischen Debatte dar. Alle Programme und Aktivitäten wurden schwerpunktmäßig so angelegt, dass sie direkt oder indirekt die Zielerreichung unterstützen.
Bei den Erfolgen der MDGs gibt es starke regionale Unterschiede. Im Bereich der Armutsbekämpfung konnten jedoch in allen Weltregionen Fortschritte erzielt werden. Der Anteil jener, die weniger als 1,25 US-Dollar zur Verfügung haben, ist vor allem in Süd-und Ostasien sowie dem Pazifikraum stark zurückgegangen. Die größte Sorgenregion bleibt dabei weiter Afrika südlich der Sahara, hier verzeichnet man die geringste Armutsreduktion.
Global betrachtet halbierte sich der Anteil der Weltbevölkerung ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser (ein Unterziel zum MDG 7), das gelang vor allem durch Verbesserungen für Menschen in China und Indien. Allerdings leben weiterhin 780 Millionen Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser.
Dass große Teile der Ziele nicht erreicht wurden, liegt an mehreren Gründen und kann weder den Ländern die Unterstützung erhalten oder den Unterstützern selbst alleine zugeschrieben werden. So scheitern viele Maßnahmen am Ausbleiben der zugesagten Finanzierung, andere Hindernisse in der Umsetzung sind beispielsweise Demokratiedefizite und mangelnde Einbindung der Menschen vor Ort oder die fehlende Durchsetzung der Menschenrechte.
Wie geht es weiter? Die Post-MDG Agenda
In zwei Jahren laufen die aktuell gültigen MDGs aus. Nach langen Verhandlungen gibt es bereits einen Vorschlag wie es in der Entwicklungsarbeit weiter gehen soll. Diesen hat eine Arbeitsgruppe im Auftrag des UN Generalsekretärs, in Konsultation mit VertreterInnen der Zivilgesellschaft, erarbeitet.
Der derzeitige Vorschlag greift einige der Kritikpunkte an den MDGs auf. Vor allem sozioökonomische und politische Voraussetzungen zur Armutsbekämpfung, welche in den MDGs fehlten, finden sich im Vorschlag als eigenständige Ziele. Themen der Nachhaltigkeit werden viel stärker und konkreter in zwei unterschiedlichen Teilzielen reflektiert. Die Kritik, dass in den derzeitigen Zielen nur ein Ziel die Länder des Nordens fordert, verliert aufgrund der geänderten Armutsverteilung – es leben derzeit die meisten Armen in Ländern mittleren Einkommens – an Brisanz. Denn Länder mittleren Einkommens wie Indien oder Brasilien tragen einerseits im Ziel 12 als Geber und Verhandler internationalen Rahmenbedingungen und andererseits als Umsetzer der Ziele im eigenen Land Verantwortung. Leider nicht aufgegriffen wurde die Kritik betreffend Empowerment und Gender Equality. Denn hierfür wird wiederum ein eigenes Ziel formuliert anstelle Gender und Empowerment im Sinne von Mainstreaming in alle Ziele zu integrieren.
Auch wenn viele Kritikpunkte im Vorschlag aufgegriffen wurden, so bleibt es fraglich, ob es zum derzeitigen Vorschlag auch eine Abstimmungsmehrheit in den UN-Gremien geben wird. Auch wenn die Integration von politischen und wirtschaftlichen Aspekten zur Bekämpfung von Armut zentral ist, so besteht die Gefahr,dass der Widerstand hierfür zu groß ist. Vor allem die neuen Geberländer (China, Indien und
Brasilien) sind nicht in dem Ausmaß wie die europäischen Staaten daran interessiert, entwicklungspolitische Ziele an politische Forderungen zu knüpfen.
Es bleibt also weiterhin spannend worauf sich die Staats- und Regierungschefs im kommenden Jahr einigen können. Dass ein neuer Handlungsrahmen, der die Länder des Nordens und Südens einbindet, notwendig ist, scheint zumindest nicht zur Diskussion zu stehen. Spätestens wenn die Flüchtlinge aus Entwicklungsländern an den Toren der Länder des Nordens stehen, wird deutlich, wie notwendig Armutsbekämpfung und die Verbesserung der Lebensbedingungen in den Ländern des Südens wäre. Es geht um gelebte globale Verantwortung, denn wir sitzen alle im selben Boot.